Anfang September war ich wieder im Konzerthaus zu Gast. Das Konzerthausorchester spielte unter Juraj Valčuha vier zum Teil selten gehörte Werke der Spätromantik. Zwei symphonische Dichtungen von Strauss bildeten den Rahmen um Stücke von Korngold und Webern.

»Don Juan« op. 20 machte den Anfang. Ich kenne dieses frühe Werk von Richard Strauss einigermaßen gut und hatte mich auf eine weitere Aufführung gefreut. Der ungestüme Schwung des Beginns nutzt die Möglichkeiten des großen Orchesters reichlich aus – eine beeindruckende Leistung des erst 24-jährigen Komponisten. Was ich auch nach mehrmaligem Hören vergessen hatte, war der ziemliche lange langsame Mittelteil des Stückes. Vielleicht sollte man die Gedichtvorlage kennen, um diesen großen Ruhepol deuten zu können.
Weiterhin erklang vor der Pause das Violinkonzert D-Dur op. 35 von Erich Wolfgang Korngold. Auch dieses Stück war mir flüchtig bekannt, das Liveerlebnis jedoch eine Premiere. Das Hauptthema zu Beginn des Konzerts hat einen schönen Ohrwurmcharakter (es kommt auch aus einer der Filmmusiken Korngolds), aber leider hatte ich das Gefühl, dass das Konzert insgesamt mit diesem Anfang nicht mithalten kann. Vielfach begleitete die Solovioline mit Figurationen in kleinsten Notenwerten das Geschehen im Orchester, was strukturell auf die Dauer etwas einseitig wirkte. Formal und thematisch fand ich das Stück nicht leicht zu durchschauen – da ich das aber gerne mache beim Hören, hat mich Korngold etwas unbefriedigt hinterlassen…

Nach der Pause kam das sehr frühe Idyll »Im Sommerwind« von Anton Webern zu Gehör. Dieses erste Orchesterwerk des erst 21-Jährigen ist noch dem spätromantischen Idiom verpflichtet. Strukturell lässt es aber (leider) die der Romantik eigenen langen Melodiebögen vermissen. Es gibt nur kurze Gesten, brillant und farbig instrumentiert, aber der lange Atem fehlt. Alle paar Takte bricht etwas ab, ändert sich der Ausdruck… Bei einem Stück mit Sommerwind im Namen vielleicht eine etwas seltsame Eigenschaft?
Interessanterweise ging das letzte Werk des Abends, »Till Eulenspiegels lustige Streiche« op. 28 von Richard Strauss, in dieselbe Richtung. Auch hier überwiegen passagenweise kurze Gesten, die in schneller Folge verschiedene Charaktere aufeinanderfolgen lassen. Nur hier entspricht das dem inhaltlichen Konzept des Werks! Die Streiche des Narren Eulenspiegel werden durch die Haken, die die Musik schlägt, in sinnenhafter Weise dargestellt.

Als Fazit des Abends bleibt das Gefühl, die Werke des Abends als seltsam kurzatmig und von der Aussage als unstet (um nicht zu sagen zerrissen) empfunden zu haben. Auch wenn mich das nicht in der erwarteten Weise erfüllt hat, ist es doch eine interessante Facette der Spätromantik, die ich so noch nicht erlebt habe.

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