Üblicherweise hören wir im Konzert große symphonische Musik, gern spätromantisch oder später, mitunter auch mal ein Streichquartett. Letzte Woche aber besuchten wir ein für uns untypisches Konzert: Die »Akademie für Alte Musik Berlin« spielte im kleinen Saal des Konzerthauses Werke von Corelli, Händel, Vivaldi und Dall’Abaco. Damit gingen einige Aha-Momente und auch Überraschungen einher…

Auf der Bühne gab es die üblichen Notenpulte, eine barocke Harfe und im Hintergrund einiges an Continuo: ein Cembalo und etwas, das für mich wie eine kleine Orgel aussah. Es fanden sich insgesamt 19 Musiker auf der Bühne ein. Das Konzert begann mit dem Concerto grosso D-Dur op. 6 Nr. 1 von Arcangelo Corelli. Die »Akademie für Alte Musik Berlin« musizierte ohne Dirigenten. Zusätzlich zur Harfenistin und dem Cembalisten, der später auch die Orgel bediente, spielte ein Musiker auf der Theorbe das Continuo. (Das Programmheft sprach von einer Laute; das ist zwar nicht falsch, aber etwas ungenau…) Zusammen oder abwechselnd ergaben sich hübsche Farbwechsel in der Begleitung. Bis auf die Cellisten spielten die Streicher im Stehen, und alle benutzten (natürlich) barocke Bögen, die ich bis dato noch nicht live gesehen hatte. Ich frage mich, was diese Bögen klanglich für einen Unterschied machen? Vielleicht waren die Instrumente mit Darmsaiten bespannt, aber es waren offenbar »moderne« Instrumente – in dem Sinne, dass sich Geigen & Co. in den letzten 500 Jahren nicht wesentlich verändert haben. Somit wird wohl weniger das Instrument als die Besaitung und der Barockbogen die historisierende Wiedergabe ausmachen.

Zur Musik: Den Abend über gab es immer wieder Concerti grossi aus op. 6 von Corelli zu hören. Die Satzfolgen waren sehr unterschiedlich: Das bekannte Schnell–Langsam–Schnell oder die viersätzige Form der Kirchensonate gab es praktisch nicht. Stattdessen bunte, suitenhafte Folgen von zum Teil auch sehr kleinteilig gegliederten Sätzen. (Der erste Satz aus op. 6 Nr. 2 in F-Dur beispielsweise hatte im Programmheft die Satzbezeichnung Vivace / Allegro / Adagio / Vivace / Allegro / Largo andante) Die schnellen Stücke wurden sehr temporeich und temperamentvoll dargeboten, die fugierten Abschnitte machten mir besonderen Spaß.
Nach dem ersten Corelli-Konzert hörten wir das Harfenkonzert B-Dur op. 4 Nr. 6 von Georg Friedrich Händel. Mit dem TZO hatte ich vor vielen Jahren ein Händelkonzert gespielt, und ich fragte mich, ob es dieses war, was wir nun hörten. Nach wenigen Tönen wusste ich, dass es das bekannte Stück war! Hier gab es sehr zarte Töne: Die hohen Streicher spielten pizzicato, was gut zur Harfe passte und das Soloinstrument nicht zudeckte.
Im Anschluss freuten wir uns auf das Concerto grosso h-Moll op. 6 Nr. 4 von Evaristo Felice Dall’Abaco – u. a. deshalb, weil wir vermuteten, dass auch dieses Stück eines war, das wir schon im TZO gespielt hatten. Aber diesmal stellte sich heraus, dass wir damals ein anderes h-Moll-Konzert auf dem Pult hatten.

Nach der Pause hörten wir zwei weitere Konzerte aus op. 6 von Corelli, nämlich Nr. 3 in c-Moll und Nr. 4 in D-Dur. Dazwischen abermals ein bekanntes Stück: das Mandolinenkonzert C-Dur RV 425 von Antonio Vivaldi. Für dieses Werk legte der Lautenist seine Theorbe zur Seite und kam mit einer aberwitzig winzigen Barockmandoline auf die Bühne. Ich hatte solche Instrumente schon oft gesehen, aber dieses schien mir doch besonders klein zu sein. Und das nicht nur, weil es sich bei dem Solisten David Bergmüller um einen breiten und hochgewachsenen jungen Mann handelte. Bergmüller spielte im Stehen, ein Band hielt das Instrument an seinem Platz. Interessanterweise nutzte er keinen Federkiel, sondern spielte mit den Fingerkuppen. Das hatte ich tatsächlich noch nie gesehen. Erstaunlicherweise gerieten auch die schnellen Passagen des Soloparts ziemlich klar, was ich ohne Plektrum o. ä. für schwierig gehalten hätte. Auch bei diesem Konzert spielten die Geigen und Bratschen durchgehend pizzicato. Das Orchester passte sich somit an die dynamischen Möglichkeiten der Mandoline an und bot auch einen willkommenen Kontrast zu den übrigen Stücken, die doch von der Klangfarbe recht ähnlich ausfielen. Es wurde zwar dynamisch musiziert (es gab Echowirkungen und natürlich wurde phrasiert), aber bei einem kleinen Ensemble, das zudem fast nur aus Streichern besteht, ist das Spektrum der Lautstärken und Klangfarben nunmal nicht sehr groß.

Insgesamt ein durchaus interessanter Konzertabend mit einigen spannenden Erkenntnissen. Trotzdem wird dieses Konzept – ein ganzer Abend Barockmusik – für uns wohl eine Ausnahme bleiben.

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