Letzte Woche war ich wieder im Konzerthaus, diesmal im Kleinen Saal. Jean-Guihen Queyras (Violoncello) und Alexandre Tharaud (Piano) aus Frankreich spielten Werke von Bach, Schostakowitsch, Berg und Brahms.

Das Konzert begann mit der Sonate D-Dur BWV 1028 von Johann Sebastian Bach. Im Original für Gambe und (höchstwahrscheinlich) Cembalo gedacht, hörten wir hier eine Adaption an modernes Instrumentarium. Der Cellist machte seine Sache gut, spielte musikalisch, emotional. Der Pianist wirkte leider in dem Stück größtenteils recht unbeteiligt. Das mag seine Auffassung von Bach gewesen sein, es strahlte aber eine Kühle und Distanz aus, die dieser Musik nicht gerecht wird.

Die Cellosonate d-Moll op. 40 von Dmitri Schostakowitsch hingegen kam in einem ganz anderen Gewand daher. Hier ging auch der Pianist aus sich heraus, der Cellist war ohnehin hochmotiviert und extrovertiert bei der Sache. Diese Sonate ist weniger bissig und zynisch als andere Werke, was ihr wohl zu besonderer Beliebtheit verholfen hat. Sie ist aber dennoch sofort und eindeutig als Werk Schostakowitschs zu erkennen. Bemerkenswert hier wie auch in seinen anderen Werken, wie wenig Töne besonders im langsamen Satz nötig sind, um eine hochexpressive und tiefgründige Aussage zu machen.

Nach der Pause hörten wir die Vier Stücke op. 5 von Alban Berg, im Original für Klarinette und Klavier geschrieben. Die Stücke entstanden 1913 in einer Zeit, als die Zweite Wiener Schule mit betont aphoristischer Musik einen Gegenentwurf zu den immer größer gewordenen Gebilden der Spätromantik (Mahler, Strauss) präsentierte. Sie dauern denn auch kaum 12 Minuten, bieten aber inhaltlich eine Fülle an expressiven Charakteren und Ideen – gewissermaßen ein Destillat der Inhalte, für die andere Komponisten viel mehr Zeit brauchten… Die für Berg außerordentliche Expressivität zeigt sich auch darin, dass die sonst für ihn typischen tonalen Komplexe in diesem Werk fehlen. Somit geben sich diese Stücke von allen, die Berg geschrieben hat, »am schönbergischsten« (Adorno). Vielleicht ist das ja der Grund dafür, dass sie meiner Begleitung nicht gefallen haben.

Den Abschluss des Konzerts bildete die Cellosonate F-Dur op. 99 von Johannes Brahms. Auch dieses Werk ist, wie das von Schostakowitsch, freundlichen Charakters, nachdem seine komplizierte erste Cellosonate op. 38 dem Publikum weniger gefallen hatte. Dennoch gibt es hier keine Konzessionen an den Publikumsgeschmack, und wir hörten einen echten Brahms: groß, ernst, kraftvoll, leidenschaftlich. Es beginnt schon mit einem deftigen Klaviertremolo, über dem der Cellist das Hauptthema präsentiert. Im Adagio fielen besonders die Pizzicato-Passagen auf, das Scherzo war temperament- und schwungvoll und interessanterweise gefühlt deutlich länger als das Finale.

Das Duo spielte insgesamt drei Zugaben: den 11. und 5. Ungarischen Tanz von Brahms sowie eine Bearbeitung eines Haydn-Allegros, das nicht genauer benannt wurde. Nach dieser Zugabe, der virtuosesten von allen, war klar: Es kann nichts mehr kommen. So wurden wir nach einem spannenden Abend entlassen, und ich nahm für mich zwei Erkenntnisse mit: 1. Ich muss mehr Kammermusik im Konzert hören. 2. Ich werde mir die Werke von Schostakowitsch und Brahms auf CD anschaffen – zum Nachhören, Lernen und Genießen.

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