Bereits zwei Tage nach dem überragenden Konzert der Niederländer waren wir erneut bei YEC im Konzerthaus zu Gast. Es spielte das sehr junge, erst 2019 gegründete Ševčík Academy Orchestra aus Tschechien. Es brachte ein buntes, rein tschechisches Programm aus bekannten und weniger bekannten Beiträgen mit.

Nach den letzten beiden Besuchen, die beide überragend gut waren (Dvořáks Neunte auswendig und im Stehen, Petruschka in szenischer Aufführung durch das Orchester selbst) hatte ich ein wenig die Sorge, dass dieser Abend das Niveau nicht würde halten können. Eigentlich war abzusehen, dass er das nicht kann – und er konnte es auch nicht.

Die erste Konzerthälfte hat mir noch ziemlich gut gefallen. Den Auftakt machte Smetanas »Moldau«: oft gehört, dabei selten bis vielleicht noch nie im Konzertsaal. Wunderschöne, weltbekannte Musik, ein echter Hit des klassischen Repertoires. Dann folgte die Uraufführung des Violoncellokonzerts von Jiří Tel (*1935). Das Werk ist im Original von 1979 und erklang hier erstmal in einer überarbeiteten Fassung. Die Besetzung des Orchesters war mit Streichern, Klavier und Schlagwerk ungewöhnlich, die Form hingegen klassisch dreisätzig. Die Musik selbst war durchaus spannend: der Dialog zwischen Solist und Orchester, die ungewohnten Klangfarben… das Ganze klang zeitgemäß, entbehrte dabei aber nicht klassischer Abläufe wie motivischer Arbeit, Steigerungen und Kontraste. Das könnte man durchaus nochmal anhören.

Nach der Pause erwartete uns ein Sammelsurium verschiedener Kleinigkeiten. Den Anfang machte die »Ouvertüre für Orchester« von Bohuslav Martinů. Seine Musik klingt immer frisch, ich bin ein großer Fan seiner Arbeit. Diese Ouvertüre machte keine Ausnahme. Es waren deutlich barocke Vorbilder erkennbar: Es gab fugierte Abschnitte, und die zwei Concertinogruppen, die dem Orchester gegenübergestellt wurden, erzeugten den Eindruck eines Concerto Grosso.
Danach hörten wir die »Romanze für Violine und Orchester f-Moll op. 11« von Antonín Dvořák. Das Hauptthemas dieses Stückes gilt als sehr bekannt – ich kannte es hingegen nicht und fand es auch wenig eingängig. Der junge Solist spielte sehr souverän, aber die Komposition hat mich etwas enttäuscht. Nun ist es auch ein früher Dvořák, Sternstunden hatte er später noch genug…
Das vorletzte Stück war die »Suite Rustica op. 19« von Vítězslava Kaprálová (1915-1940). Hier ging es einfach um eine bunte Folge von Melodien in einem romantisch-folkloristischen Idiom; viel im Forte, viel Einsatz von Trommeln und Becken. Mir war das insgesamt zu schlicht. Nun ist die Komponistin gerade einmal 25 Jahre alt geworden, zu kompositorischer Reife hat ihr auch einfach die Zeit gefehlt.
Zum Schluss gaben die Tschechen noch den Dvořáks »Slawischen Tanz Nr. 7 C-Dur op. 72« zum besten. Ein temperamentvoller Abschluss, der musikalisch den Weg der zuvor gehörten Suite weiterging – etwas lärmend und mir persönlich zu seicht.

Als wir nach dem Konzert im Restaurant Bilanz zogen, war klar: Der Abend reichte nicht an die anderen beiden heran. Aber das war 1. abzusehen, und 2. haben wir trotzdem schöne, zum Teil durchaus spannende Musik erlebt, die durchweg sehr ordentlich dargeboten wurde. Das Bessere ist nur leider der Feind des Guten.

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